Stellt der Verkauf von GBL an Konsumenten ein strafbares Inverkehrbringen bedenklicher Arneimittel im Sinne des AMG dar? Rechtsanwalt Kämpf, München, informiert zur aktuellen Rechtslage unter Einbeziehung der neueren Rechtsprechung des EuGH.

GBL, Gamma-Butyrolacton, liquid ecstasy – wird eigentlich als Reinigungsmittel, Fleckenmittel oder Lösungsmittel eingesetzt. Das Handeltreiben mit GBL zu Konsumszwecken kann aber zu einem Ermittlungsverfahren mit Hausdurchsuchung und Beschuldigtenvernehmung führen.

1. Urteil des BGH zur Frage der Strafbarkeit nach AMG bei Handeltreiben mit Gamma-Butyrolacton zu Konsumzwecken

Nachfolgend informiert Sie der Münchener Rechtsanwalt und Strafverteidiger Kämpf über die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Frage der Strafbarkeit des Handelns mit Gamma-Butyrolacton (GBL) zu Konsumzwecken. In seinem Urteil vom 8. Dezember 2009 (Aktenzeichen: 1 StR 277/09) bestätigt der BGH das vorinstanzliche Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth (22.12.2008; Aktenzeichen: 7 Kls 352 Js 22486/06). Das Landgericht verurteilte zwei Angeklagte, die mit der Chemikalie Gamma-Butyrolacton (GBL) handelten, wegen unerlaubten Inverkehrbringens bedenklicher Arzneimittel in acht Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von fünf Jahren und drei Monaten sowie fünf Jahren und sechs Monaten.

Exkurs: Gamma-Butyrolacton wird in Deutschland in großen Mengen seitens der Chemieindustrie hergestellt. Es wird als Grundstoff für chemische Synthesen ebenso wie als Reinigungsmittel oder Lösungsmittel verwendet.

GBL kann aber auch als Betäubungsmittel/Droge konsumiert werden. Gamma-Butyrolacton ist als Partydroge oder Sexdroge bekannt. Niedrig dosiert führt GBL zu Rauschzuständen. Insbesondere in Verbindung mit Alkohol oder bei Überdosierungen kann der Konsum von GBL zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. GBL dient außerdem als Grundsubstanz für die Herstellung des in einschlägigen Kreisen als liquid ecstasy bekannten GHB. GBL wird aber teils auch selbst als liquid ecstasy bezeichnet.

Der Gesetzgeber hat sich aufgrund der Notwendigkeit der industriellen Nutzung von GBL der Einordnung von Gamma-Butyrolacton als Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtmG) verschlossen. Wegen der Gefahr des Missbrauchs als Droge hat sich die chemische Industrie eine freiwillige Selbstbeschränkung auferlegt. Das sogenannte Monitoring führt zu Einschränkungen der Abgabe von GBL an private Käufer.

Nach dem Urteil des Landgerichts hielten sich die Angeklagten nicht an die freiwillige Selbstbeschränkung und gaben Gamma-Butyrolacton an private Käufer ab. Diese wollten das GBL selbst als Droge verwenden oder zu liquid ecstasy (GHB) umwandeln.

Nach dem Urteil des BGH handelt es sich bei Gamma-Butyrolacton um ein Arzneimittel im Sinne des AMG. Ausschlaggebend sei einerseits die pharmakologische Wirkung des GBL und andererseits die Tatsache, dass GBL wachsenden Teilen der Bevölkerung als Droge (GHB, liquid exstasy) bekannt ist. Aus diesem Grunde ist die Abgabe von Gamma-Butyrolacton zum Zwecke des Konsums strafbar. Hieran änderte auch die Neufassung des Arzneimittelgesetzes nichts.

2. Update: EuGH kippt Einordnung synthetischer Cannbinoide als Arzneitmittel nach AMG – Auswirkung auf Inverkehrbringen von GBL?

Mit Urteil vom 10. Juli 2014 hat der EuGH (AZ: C‑358/13 und C‑181/14) die Anwendbarkeit des Arzneimittelgesetzes auf synthetische Cannbinoide und insbesondere das strafrechtlich relevante Inverkehrbringen dieser Substanzen als bedenkliche Arzneimittel aus zutreffenden Gründen abgelehnt. Der EuGH führte hierzu aus, dass es sich bei diesen Wirkstoffen eben nicht um Arzneimittel handle, da mit deren Einnahme weder medizinische noch therapeutische Ziele verfolgt werden. Die Einnahme erfolge ausschließlich zur Erzielung eines Rauschzustandes.

Diese Rechtsprechung ist auch bei der (bislang fehlerhaften) Einordnung von GBL als bedenkliches Arzneimittel nach AMG zu beachten. Auch bei der Einnahme von GBL verfolgt der Konsument weder medizinische noch therapeuthische Zwecke, sondern möchte sich ausschließlich berauschen. Die strafrechtliche Verfolgung des Handels mit GBL als Inverkehrbringen bedenklicher Arzneimittel dürfte mithin überholt sein.

Tipp vom Strafverteidiger: Insbesondere im Hinblick auf die unterschiedlichen und vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten von GBL -auch als Reinigungsmittel oder Lösungsmittel- sollte Sie als Beschuldigter eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens unbedingt (!) von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen. Es ist Ihr gutes Recht, zu jeglichen Tatvorwürfen zu schweigen und keine Angaben zur Sache zu machen. Im Falle einer Hausdurchsuchung oder polizeilichen Vernehmung sollten Sie sich zuvor jedenfalls Rat bei einem im Strafrecht tätigen Rechtsanwalt holen und diesen ggf. mit Ihrer Strafverteidigung betrauen.

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