Rechtsanwalt Kämpf, München, informiert Sie darüber, ob und inwiefern legal highs Betäubungsmittel nach dem BtMG (Betäubungsmittelgesetz) sind oder ob und wann eine strafrechtliche Relevanz nach dem AMG (Arzneimittelgesetz) vorliegt.
Spice, Lava Red, Sence, 3G Star, Hype, Demon – um nur einige Bezeichnungen von cannabinoidhaltigen Kräutermischungen bzw. Räuchermischungen, die überwiegend im Internet als legal highs angeboten werden, zu nennen. Aber sind diese Substanzen tatsächlich legal?
Nach einer aktuellen Studie der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht ist der Konsum der Betäubungsmittel Kokain und Cannabis rückläufig. Dafür ist eine erhebliche Zunahme von synthetischen Drogen, den so genannten legal highs feststellbar.
1. legal highs – BtMG anwendbar?
Voraussetzung für eine Strafbarkeit des Umgangs mit einer Droge (beispielsweise Herstellung, Handel treiben, Einfuhr, Ausfuhr, Veräußerung, Besitz, Erwerb) nach dem Betäubungsmittelgesetz ist, dass die jeweilige Substanz in Anlage II des BtMG gelistet ist. Dies gilt auch für die cannabinoidhaltigen Räuchermischungen. Dies stellt den Gesetzgeber vor erhebliche Schwierigkeiten, da sich die chemische Zusammensetzung der legal highs fortwährend verändert. Kaum ist ein solches Betäubungsmittel in die Anlage II des BtMG aufgenommen, ändern die Hersteller die Zusammensetzung der synthetischen Droge. Hierdurch soll einer Bestrafung nach dem Betäubungsmittelgesetz entgangen werden.
Exkurs: Derzeit sind die nachfolgenden synthetischen Cannabinoide in der Anlage II zum Betäubungsmittelgesetz aufgeführt: JWH-018, JWH-019, JWH-093, CP 47, 497, CP 47, 497-C6, CP 47, 497-C8 und CP 47, 497-C9.
Weitere legal highs, die als Betäubungsmittel nach dem BtMG eingestuft werden, sind das Mephedron und meta-Chlorphenylpiperazin (m-CPP). Mephedron (4-Methylmethcathinon oder 4-MMC) ist ein legal high, das auch als Badesalzdroge bekannt ist und zur Amphetamin-Gruppe zählt. MCPP wird als Ersatz bzw. Ergänzung für MDMA in Ecstasy- Tabletten verwendet.
Bitte beachten Sie, dass die Anlage II zum Betäubungsmittelgesetz seitens des Gesetzgebers in regelmäßigen Abständen an die veränderten Substanzen angepasst wird. Das bedeutet, dass die Liste ständig ergänzt wird.
Ungeklärt ist die Frage, ab welcher Menge des enthaltenen Cannabinoids eine nicht geringe Menge im Sinne des § 29 a BtMG vorliegt. Eine Vergleichbarkeit mit dem zu THC bekannten Grenzwert – bei Cannabis-Produkten soll die nicht geringe Menge ab einem Wirkstoffgehalt von 7,5 g THC gegeben sein – ist nicht zwingend möglich. Dies setzt voraus, dass das jeweilige synthetische Cannabinoid medizinisch die gleiche Gefährlichkeit aufweist wie THC. Dies ist nicht bei jedem synthetischen Cannabinoid gegeben, diese sollen teilweise gefährlicher als natürliches THC sein. Die jeweilige Gefährlichkeit ist für jedes einzelne synthetische Cannabinoid zu überprüfen.
Update: zwischenzeitlich hat der Bundesgerichtshof die nicht geringe Menge für verschiedene synthetische Cannabinoide festgelegt. Es handelt sich um die Wirkstoffe JWH-018, JWH-073, CP 47,497-C8-Homolog und CP 47,497.
2. legal highs – Strafbarkeit nach AMG?
Eine strafrechtliche Relevanz des Umgangs mit cannabinoidhaltigen Kräutermischungen nach dem Betäubungsmittelgesetz scheidet also aus, wenn die jeweilige synthetische Droge nicht in Anlage II zum BtMG enthalten ist.
Darf ich also mit synthetischen Cannabinoiden handeln, solange diese noch nicht in das Betäubungsmittelgesetz aufgenommen sind?
Um genau diese Lücke zu schließen, behilft sich die Rechtsprechung eines „Tricks“. In diesen Fällen soll (wenigstens zum Teil) eine Strafbarkeit nach dem AMG in Betracht kommen. Nach § 95 Abs. 1 NR. 1 AMG macht sich derjenige strafbar, der entgegen § 5 AMG handelt und „bedenkliche Arzneimittel“ in den Verkehr bringt.
Exkurs: Bedenkliche Arzneimittel in diesem Sinn sind solche Stoffe, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass diese bei bestimmungsgemäßen Gebrauch schädliche Wirkungen entfalten. In den Verkehr bringen ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zur sonstigen Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere.
Bitte beachten Sie, dass weder der Erwerb noch der Besitz von legal highs strafbar nach dem AMG sind. Das bedeutet, dass der Käufer cannabinoidhaltiger Räuchermischungen bzw. Kräutermischungen straffrei bleibt.
Ansätze für die Strafverteidigung bei Vorwürfen im Zusammenhang mit Verkaufshandlungen von legal highs kann einerseits sein, dass bereits die grundsätzliche Anwendbarkeit des AMG zweifelhaft ist, und andererseits die Gefährlichkeit jedes einzelnen synthetischen Cannabinoids nachgewiesen werden müsste.
Update: die Rechtsfrage der Anwendbarkeit des Arzneimittelgesetzes auf synthetische Cannabinoide (und andere legal highs) hat sich zwischenzeitlich durch die Entscheidung des EuGH vom 10. Juli 2014 (Aktenzeichen: C‑358/13 und C‑181/14) erledigt. Der europäische Gerichtshof erteilte der „fantasievollen“ Praxis der bundesdeutschen Strafjustiz, den Verkauf synthetischer Cannabinoide, soweit sie (noch) nicht in die Anlage II des BtMG aufgenommen sind, nach den Vorschriften des AMG als Inverkehrbringen bedenklicher Arzneimittel strafrechtlich zu verfolgen, eine Abfuhr. Nach seinem Urteil handelt es sich bei synthetischen Cannabinoiden eben gerade nicht um Arzneimittel, da durch deren Einnahme weder therapeutische noch medizinische Zwecke verfolgt werden.
Strafverteidiger-Tipp: Ihnen wird ein Verstoß gegen das BtMG oder das AMG vorgeworfen? Sie sollen mit legal highs gehandelt haben? Dann empfehle ich Ihnen dringend (!), keine Angaben zur Sache zu machen. Hierzu sind Sie auch nicht verpflichtet. Ein Nachteil aus der Ausübung ihres Schweigerechts darf ihnen nicht erwachsen. Sobald Sie Kenntnis von dem gegen sie anhängigen Ermittlungsverfahren – sei es durch die Ladung zur polizeilichen Beschuldigtenvernehmung oder die gerade bei Ihnen stattfindende Hausdurchsuchung – haben, sollten Sie sich professionelle Hilfe holen und einen Strafverteidiger zu Rate ziehen.
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