Update – Gesetzesänderung: Seit August 2024 liegt der THC-Grenzwert im Straßenverkehr gem. § 24a StVG bei 3,5 ng/ml im Blutserum. Die nachfolgend dargestellte Rechtsprechung ist folglich überholt!
1,0 ng/ml THC im Blut, 25 ng/ml Amphetamin oder 75 ng/ml Benzoylecgonin (Abbauprodukt nach Konsum von Kokain), die Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a StVG ist ab diesen Mindest-Grenzwerten erfüllt.
Ändert sich hieran etwas, wenn der Drogenkonsum bereits mehrere Stunden zuvor stattgefunden hat? Nachfolgend informiert Sie Rechtsanwalt Kämpf aus München über die Einschätzung verschiedener Oberlandesgerichte, Drogenfahrten bei länger zurückliegenden Drogenkonsum vor Fahrtantritt als nicht mehr fahrlässig nach § 24a Abs. 2, 3 StVG anzusehen.
Exkurs: Nach § 24a StVG liegt eine Verkehrsordnungswidrigkeit vor, wenn ein Fahrer unter Einfluss eines sogenannten berauschenden Mittels (Beispiele für Betäubungsmittel: Cannabis, Kokain, Heroin, Ecstasy, Amphetamin u.a.) ein Kraftfahrzeug führt. Eine Verkehrsordnungswidrigkeit liegt auch dann vor, wenn die Drogenfahrt fahrlässig unternommen wird. Diese Verkehrsordnungswidrigkeit wird bei einem Ersttäter in der Regel mit einer Geldbuße in Höhe von 500,– EUR sowie einem einmonatigen Fahrverbot geahndet.
1. OLG Zweibrücken vom 06. Januar 2009 (Aktenzeichen: 1 Ss 178/08) – 1,4 ng/ml THC im Blut und mehr als ein Tag zwischen Cannabis-Konsum und Fahrtantritt
Nach dem Beschluss des OLG Zweibrücken vom 06. Januar 2009 (AZ: 1 Ss 178/08) geht die vorausgehende Entscheidung des Amtsgerichts möglicherweise fehl. Dieses nahm eine Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a StVG an, da der Betroffene die Drogenfahrt fahrlässig unternommen habe. Die bei dem Betroffenen entnommene Blutprobe enthielt 1,4 ng/ml THC. Dieser gab an, er habe das Cannabis mindestens zwei Tage zuvor konsumiert. Das OLG Zweibrücken führt hierzu aus, dass eine fahrlässige Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit des § 24a StVG lediglich dann vorliegen könne, wenn der Betroffene in zeitlicher Nähe vor dem Fahrtantritt Cannabis konsumiert hat und sodann eine Fahrt unternimmt, ohne sich bewusst zu machen, dass die Wirkstoffe der konsumierten Drogen noch nicht vollständig abgebaut sind, obwohl er dies erkennen konnte. Bei einem längeren Zeitablauf zwischen Fahrtantritt und dem Konsum des Betäubungsmittels sei es für den Fahrer nicht ohne weiteres erkennbar, dass die Droge noch eine Wirkung entfaltet. Hierbei sei auch der bei der Blutentnahme festgestellte geringe THC-Wert von 1,4 ng/ml, der den Grenzwert von 1,0 ng/ml THC nur knapp überschreitet, zu berücksichtigen.
2. OLG Celle vom 9. Dezember 2008 (Aktenzeichen: 322 SsBs 247/08) – 2,7 ng/ml THC und Fahrt 23 Stunden nach Cannabis-Einnahme
Die bei dem Betroffenen entnommene Probe ergab 2,7 ng/ml THC im Blut. Zwischen Fahrtantritt und Konsum des Cannabis lagen 23 Stunden. Das Amtsgericht verurteilte wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG.
Das OLG Celle hat diese Entscheidung aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen. Dies begründete das OLG damit, dass die fahrlässige Begehung des § 24a StVG voraussetze, dass der die Drogenfahrt begehende Fahrer entweder positiv wusste, dass er noch unter der Wirkung der konsumierten Drogen stand, oder die Beeinflussung durch das konsumierte Betäubungsmittel zumindest hätte erkennen können und müssen. Die bloße Kenntnis des Drogenkonsums vor der unternommenen Drogenfahrt sei nicht ausreichend.
3. weitere OLG-Entscheidungen
Die vorgenannten OLGs schlossen sich mit ihren Entscheidungen der Rechtsprechung des OLG Frankfurt am Main (vom 25. April 2007; Aktenzeichen: 3 Ss 35/07 – 1,0 ng/ml THC und Fahrtantritt 23 Stunden nach Konsum des Cannabis) und des OLG Saarbrücken (vom 29, November 2006; Aktenzeichen: Ss (B) 44/06 – 1 ng/ml THC und Annahme des regelmäßigen Cannabiskonsums bei 6 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH)) an.
Verteidiger-Tipp: Schweigen ist Gold! Auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren haben Sie als Betroffener ein Schweigerecht gleich einem Beschuldigten im Strafverfahren. Die Ausübung dieses Schweigerechts darf Ihnen nicht zum Nachteil gereichen. Das bedeutet, dass Sie bei der Polizei keinerlei Angaben zur Sache machen sollen und müssen. Des Weiteren sollten Sie weder „freiwillig“ im Rahmen eines Schnelltests Schweiß oder Urin abgeben noch an den ebenfalls freiwilligen Koordinationstests teilnehmen. Als Verdächtiger einer Drogenfahrt sollten Sie darüber hinaus der Entnahme der Blutprobe widersprechen, Sie sollten sich hiergegen jedoch keinesfalls (!) körperlich zur Wehr setzen.
Quellennachweis Lichtbild: A. Dreher – www.pixelio.de