Es kracht. Der Verkehrsunfall ist geschehen. Das Auto ist beschädigt, aber noch fahrtüchtig und verkehrssicher. Die Reparaturkosten sollen von der gegnerischen Versicherung bezahlt werden. Der Geschädigte beabsichtigt den Verkauf des Unfallautos. Steht dem Geschädigten der „Gewinn“ hieraus zu?
Dieser Beitrag behandelt die heute veröffentlichte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu dieser Frage.
Laut BGH- Rechtssprechung (AZ: VI ZR 192/05) sind die Ansprüche des Geschädigten eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatz eingeschränkt. Der bei einem Verkehrsunfall Geschädigte soll an diesem nicht verdienen.
Der aufgrund eines Verkehrsunfalls Geschädigte soll Schadensersatz in Höhe der von einem Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts ohne Abzug des Restwerts lediglich dann verlangen können, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate nach dem Verkehrsunfall weiter nutzt, ohne es reparieren zu lassen.
Dies soll an einem Beispiel nachvollzogen werden:
Das Sachverständigengutachten beziffert die Kosten der Reparatur auf EUR 3.000,- (netto). Der Restwert des beschädigten Autos beträgt EUR 2.000,-, der Wiederbeschaffungswert eines vergleichbaren Autos EUR 4.000,-.
Verkauft der Geschädigte das Unfallfahrzeug innerhalb von sechs Monaten nach dem Unfall, ohne es zuvor zu reparieren, so kann er von der Versicherung lediglich den Differenzbetrag zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert verlangen – hier EUR 2.000,-. Die höheren Reparaturkosten in Höhe von EUR 3.000,- können nicht geltend gemacht werden.
Begründung des BGH:
Der BGH begründet dies damit, dass der Geschädigte an dem Unfall nicht verdienen dürfe.
Der Geschädigte ist danach zwar nicht verpflichtet, das KFZ zu reparieren. Dies ist auch nicht Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Versicherung hinsichtlich der Kosten für die Reparatur. Denn der durch den Unfall entstandene Schaden mindert das Vermögen des Geschädigten. Ob der Geschädigte das Unfallauto reparieren lässt, steht in seiner freien Entscheidung.
Hierfür setzt der BGH aber die weitere Nutzung des Fahrzeugs voraus.
Nutzt der Geschädigte sein Fahrzeug nach dem Unfall mindestens sechs weitere Monate, dann zeigt er damit sein nachhaltiges Interesse an der Weiternutzung.
Der BGH hält sechs Monate dahingehend für eine angemessene Frist, wenn nicht ausnahmsweise besondere Umstände eine andere Beurteilung zulassen.
Denn eine längere Frist könnt den Geschädigten bzw. dessen Versicherung bei der Möglichkeit der Abrechnung mit Abzug des Restwerts begünstigen oder gar dazu veranlassen, die Abrechnung zu verzögern. Dies ist dem Geschädigten nicht zumutbar.
Das erforderliche nachhaltige Interesse an der Weiternutzung des Fahrzeugs ist bei einem vorherigen Verkauf nicht gegeben. Aus diesem Grunde erhält der Geschädigte in diesem Fall nur den Wiederbeschaffungswert für ein gleichwertiges Auto. Von diesem wird der Restwert des Unfallwagens abgezogen.