Fälschung Impfpass oder Impfzertifikat – welcher Straftatbestand – Urkundenfälschung oder Vorbereitung der Herstellung (§ 275 StGB), unbefugtes Ausstellen (§ 277 StGB) oder Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 279 StGB)–, Ermittlungsverfahren, Strafe?
Sie wurden mit einem gefälschten Impfpass bzw. beim Digitalisierungsversuch in der Apotheke erwischt? Nun führt die Polizei ein Ermittlungsverfahren gegen Sie. Wie verhalten Sie sich richtig im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung? Welche Strafen haben Sie für die Fälschung des Impfpasses zu erwarten? Was tun bei Anklageschrift oder Strafbefehl im Zusammenhang mit einem unrichtigen Gesundheitszeugnis? Rechtsanwalt Kämpf aus München beantwortet die relevanten strafrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Impfpässen.
Aufgrund der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber den Zugang für ungeimpfte Personen in Einzelhandel, Kultur und Gastronomie eingeschränkt. Im Besitz eines gültigen Impfpasses, der eine Coronaschutzimpfung belegt, bzw. eines digitalisierten Corona-Impfzertifikats zu sein, ist deshalb mittlerweile von erheblicher Bedeutung. Die ursprünglich bestehende Regelungslücke im Strafgesetzbuch im Zusammenhang mit der Fälschung bzw. Verwendung von gefälschten Impfpässen ist durch eine Gesetzesänderung geschlossen.
Handelt es sich bei einem Impfpass um eine Urkunde, ist durch die Fälschung eine Urkundenfälschung nach § 267 StGB verwirklicht?
Tatsächlich handelt es sich bei einem Impfpass zwar um eine Urkunde im Sinne der Urkundenfälschung. Denn es ist eine verkörperte Gedankenerklärung, die ihren Aussteller erkennen lässt. Allerdings greift bei der Impfpassfälschung nicht § 267 StGB, also die Urkundenfälschung. Dies liegt daran, dass insbesondere der Gesetzgeber entgegen der insoweit fehlerhaften Einordnungen verschiedener Staatsanwaltschaften Impfpässe als Gesundheitszeugnisse (BGBl. I S. 4906) einordnet. Dem ist beispielsweise auch das Landgericht Osnabrück in seinem viel zitierten Beschluss vom 26. Oktober 2021 (Aktenzeichen: 3 Qs 38/21) gefolgt.
Exkurs: In dem vorgenannten Beschluss des Landgerichts Osnabrück zeigte dieses eine Regelungslücke im Strafgesetzbuch für die Vorlage eines gefälschten Impfpasses bei einer Apotheke zur Digitalisierung des Impfzertifikats auf. Eben dies war zum damaligen Zeitpunkt nicht strafbar! Der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach der alten, damals gültigen Fassung des § 279 StGB setzte nämlich die Verwendung gegenüber einer Behörde oder einer Versicherungsgesellschaft voraus.
Bitte beachten Sie aber, dass zum Zeitpunkt des Osnabrücker Beschlusses eine andere Gesetzeslage galt. Der Gesetzgeber hat hier nachgebessert und das Strafgesetzbuch entsprechend angepasst.
UPDATE: Für Bayern hat das Bayerische Oberste Landesgericht die Frage, ob bei einem gefälschten Impfpass eine Urkundenfälschung vorliegt, jedenfalls vorläufig (bis zu einer möglicher Weise abweichenden Entscheidung des BGH) eindeutig geklärt. Nach Beschluss vom 3. Juni 2022 (Aktenzeichen: 207 StRR 155/22) hat das BayOBLG entschieden, dass § 279 StGB, der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse, als speziellerer Straftatbestand der Urkundenfälschung nach § 267 StGB vorgeht. Eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung bei Herstellung und Verwendung eines gefälschten Impfpasses scheidet folglich aus.
Welche Straftatbestände des StGB greifen im Zusammenhang mit Impfpass-Fälschungen?
Als Folge der bereits erwähnten Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird der Markt mit gefälschten Impfpässen regelrecht geschwemmt. Der Gesetzgeber sah sich deshalb gezwungen, das Strafgesetzbuch um verschiedene Vorschriften zu ergänzen bzw. bestehende Straftatbestände abzuändern. Die Gesetzesänderung trat am 24. November 2021 in Kraft.
Im Wesentlichen sind nun folgende Verhaltensweisen unter Strafe gestellt:
- die Vorbereitung der Herstellung unrichtiger Impfausweise gemäß § 275 StGB,
- das unbefugte Ausstellen von Gesundheitszeugnissen nach § 277 StGB und
- der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach § 279 StGB
Ich erlaube mir den Hinweis darauf, dass die Änderungen des Strafgesetzbuches erst ab dem 24 November 2021 gelten. Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang, dass vor der Gesetzesänderung lediglich die Vorlage eines gefälschten Impfpasses oder auch eines gefälschten PCR-Tests bei einer Behörde (!) oder einer Versicherungsgesellschaft strafbar war. Die Vorlage eines solchen Dokuments bei einer Apotheke, um es digitalisieren zu lassen, war bis zu diesem Zeitpunkt nicht strafrechtlich relevant. Bitte beachten Sie aber: Der insoweit eindeutige gesetzgeberische Wille bzw. die entsprechende Rechtsprechung hielt bzw. hält weder Polizei noch Staatsanwaltschaften von der Einleitung entsprechender Ermittlungsverfahren ab. Deshalb sollten Sie sich nicht in Sicherheit wiegen, sondern sich dringend durch einen Fachanwalt für Strafrecht beraten lassen.
Kann ich für die Fälschung eines Impfpasses strafrechtlich belangt werden?
Wenn Sie einen Impfpass gefälscht haben, dürften Sie sich zumindest der Vorbereitung der Herstellung unrichtiger im Fahrausweise nach § 275 StGB schuldig gemacht haben.
Nach § 275 Abs. 1a StGB ist bereits das Vorbereiten der Herstellung eines unrichtigen Impfpasses strafbar. Ein solches Vorbereiten soll bereits vorliegen, wenn in einen Blankoimpfausweis mindestens eine nicht durchgeführte Corona-Schutzimpfung per Einkleben des Chargennummer-Etiketts oder per handschriftlicher Eintragung dokumentiert wird. Strafbar ist in diesem Zusammenhang sowohl das Verschaffen, Verkaufen, Verwahren, Überlassen u.a. eines solchen ergänzten Blanko-Dokuments.
Aber auch eine Strafbarkeit wegen des unbefugten Ausstellens von Gesundheitszeugnis nach § 277 StGB kommt in Betracht.
Wer einen Impfpass oder ein ähnliches Dokument – beispielsweise einen PCR-Test – unter Verwendung einer ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt oder einer anderen approbierten Medizinalperson ausstellt, macht sich des unbefugten Ausstellens von Gesundheitszeugnissen schuldig.
Ist das Verwenden eines gefälschten Impfpasses eine Straftat?
Das Verwenden eines gefälschten Impfpasses ist gemäß § 279 StGB der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse.
Die Verwendung eines gefälschten Impfpasses oder Coronatests, beispielsweise um diesen in der Apotheke digitalisieren zu lassen, sich Zutritt in Einzelhandel oder Öffentlichen-Personen-Nahverkehr zu verschaffen oder seinem Arbeitgeber vorzulegen, ist als Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse strafrechtlich relevant.
Welche Strafe habe ich bei der Impfpassfälschung zu erwarten?
Für die Vorbereitung der Herstellung von unrichtigen Impfausweisen sieht § 275 StGB Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren vor. Sowohl bei der gewerbsmäßigen (eine gewerbsmäßige Begehung ist gegeben, wenn eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigen Umfang erzielt werden soll) als auch bei der bandenmäßigen (eine Bande liegt ab drei Personen vor) Begehung beträgt der dann erhöhte Strafrahmen drei Monate bis zu fünf Jahren.
Das unbefugte Ausstellen von Gesundheitszeugnissen, § 277 StGB, kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden. Auch hier ist für die bandenmäßige oder gewerbsmäßige Begehung nach § 277 Abs. 2 StGB eine Erhöhung des Strafrahmens auf Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten bis zu fünf Jahren vorgesehen.
Der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse wird nach § 279 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr sanktioniert.
Wie reagiere ich auf die Ladung zur Beschuldigtenvernehmung wegen des unbefugten Ausstellens oder des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse?
Schweigen ist Gold! Ich empfehle, Ihnen gegenüber der Polizei keine Angaben zur Sache zu tätigen. Hierzu sind Sie auch nicht verpflichtet. Als Beschuldigter eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bzw. auch später im Strafverfahren haben Sie ein umfassendes Schweigerecht. Sie sind lediglich dazu verpflichtet Angaben zu Ihrer Person, nämlich Name, Anschrift, Geburtsdatum und -Ort, zu tätigen. Lassen Sie sich nicht durch die Polizisten zu unüberlegten Äußerungen verleiten. Entgegen insoweit gelogener Ausführungen der ermittelnden Polizeibeamten ist auch ein im weiteren Verlauf des Strafverfahrens abgegebenes Geständnis werthaltig. Ein frühes Geständnis erleichtert lediglich der Polizei ihre Arbeit, weitere Vorteile – insbesondere für Sie als Beschuldigter – sind regelmäßig nicht erkennbar.
Der Ladung zur Beschuldigtenvernehmung sollten Sie keine Folge leisten. Reden Sie nicht mit der Polizei, sprechen Sie mit mir oder einem anderen im Strafrecht tätigen Rechtsanwalt.
Gegen mich läuft ein Ermittlungsverfahren wegen der Impfpassfälschung, soll ich einen Anwalt einschalten?
Angesichts der nach wie vor bestehenden außergewöhnlichen pandemischen Coronasituation und der damit einhergehenden gesellschaftlichen Einschränkungen werden sämtliche Straftaten rund um das Thema Impfpass-Fälschung seitens der Justiz als äußerst problematisch angesehen. Damit einhergehend sind teils drastische Strafen zur Abschreckung im Wege der Generalprävention zu erwarten. Bereits deshalb empfehle ich Ihnen dringend, einen Fachanwalt für Strafrecht mit Ihrer Strafverteidigung zu betrauen und über diesen zunächst Akteneinsicht in die Ermittlungsakte zu nehmen. Im Anschluss kann die weitere Verteidigungsstrategie abgestimmt werden.
Wie verhalte ich mich bei Zustellung von Strafbefehl oder Anklageschrift im Zusammenhang mit der Fälschung oder Verwendung eines gefälschten Gesundheitszeugnisses?
Auch wenn Sie einen Strafbefehl oder eine Anklageschrift bezüglich eines gefälschten Impfpasses erhalten haben, sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen. Auch hier sollten Sie über Ihren Rechtsanwalt die Ermittlungsakte im Wege der Akteneinsicht einsehen. Nur wenn Sie den Inhalt der Ermittlungsakte kennen, haben Sie die gleichen Informationen wie Staatsanwaltschaft und/oder Gericht. Im Anschluss sollten Sie die weitere Verteidigungsstrategie abstimmen.
Welche Faktoren haben Einfluss auf das Strafmaß?
- Gibt es einschlägige Vorstrafen? Als solche gelten z. B. Urkundsdelikte wie die Urkundenfälschung oder Fälschung beweiserheblicher Daten.
- Wie verhält sich der Beschuldigte oder spätere Angeklagte nach der Tat? Ist er einsichtig? Gibt er ein Geständnis ab? Hierbei ist wichtig, dass man sein Geständnis auf keinen Fall bei der Polizeivernehmung abgeben sollte, sondern zu einem späteren Zeitpunkt mit fachlicher Unterstützung eines Anwalts.
- Hat sich der Beschuldigte mit seinem Fehlverhalten auseinandergesetzt und sich beispielsweise impfen lassen?
Gibt es noch besonders wichtige Tipps zum Schluss?
Tipp 1: Je früher Sie einen Anwalt hinzuziehen und je früher dieser die Möglichkeit hat, lenkend einzugreifen, desto besser sind in der Regel die Ergebnisse, die beim Ausgang Ihres Verfahrens erreicht werden können.
Tipp 2: Machen Sie unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch! Es ist eines der wichtigsten Beschuldigtenrechte überhaupt. Sie müssen sich nicht selbst belasten. Sie sollen keine Aussage zur Sache machen. Folgen Sie daher auch nicht direkt der Ladung zur Beschuldigtenvernehmung, sondern kontaktieren Sie vorher einen Anwalt, der sich mit Strafrecht befasst.
So geht´s weiter:
- Sie kontaktieren mich unter 089/228433-55.
- Sie erhalten einen Termin binnen 48 Stunden.
- Wir besprechen Ihren Fall inklusive Chancenbewertung.
- Nach Beauftragung durch Sie nehme ich Akteneinsicht.
- Sobald die Akte vorliegt, planen wir gemeinsam unsere Strategie.