Nachfolgend informiert Rechtsanwalt und Strafverteidiger Kämpf aus München über die aktuelle Rechtsprechung zu einem möglichen Beweisverwertungsverbot des bei einer polizeilich angeordneten Blutentnahme festgestellten Ergebnisses (Blutalkoholkonzentration/ Wirkstoff bzw. Abbauprodukt des konsumierten Betäubungsmittels).
Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Februar 2007, Aktenzeichen: 2 BvR 273/06, ist der einfachgesetzliche Richtervorbehalt des § 81 a Abs. 2 StPO seitens der Ermittlungsbehörden zwingend zu beachten. Gemäß § 81a StPO (Strafprozessordnung) bedarf es bei einer Blutentnahme regelmäßig der Anordnung eines Richters (z. B. des Ermittlungsrichters). Lediglich bei Gefahr im Verzug geht diese Anordnungskompetenz auf den ermittelnden Polizeibeamten oder Staatsanwalt über. Dies wäre gegeben, wenn der Untersuchungserfolg wegen der mit der Einholung einer richterlichen Entscheidung eintretenden Verzögerung gefährdet ist. Vor der Entnahme einer Blutprobe soll danach stets versucht werden, eine Anordnung des hierfür zuständigen Richters zu erlangen.
Die vorgenannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts setzten die Instanzgerichte und nachfolgend die OLGs unterschiedlich um.
– Das für Rechtsbeschwerden in Bußgeldverfahren in Bayern zuständige OLG Bamberg lehnt die Annahme eines Beweisverwertungsverbots bislang ab. Per Beschluss vom 20. November 2009 (Aktenzeichen: 2 Ss OWi 1283/09) führte es hierzu aus, dass ein auf einer zur Nachtzeit auf polizeiliche Anordnung entnommenen Blutprobe beruhende Sachverständigengutachten zu verwerten sei. Die fahrlässige Ordnungswidrigkeit nach § 24 a StVG sei mithin gegeben. Der Untersuchungserfolg sei gefährdet gewesen, da der Ermittlungsrichter unerreichbar war. Ein Bereitschaftsdienst sei in Bayern lediglich im Zeitraum zwischen 6:00 Uhr und 21:00 gewährleistet.
– Das OLG Dresden hat per Urteil vom 11. Mai 2009 – Aktenzeichen: 1 Ss 90/9 – ein Beweisverwertungsverbot der vom Polizeibeamten angeordneten Blutentnahme angenommen. Allerdings fand die Blutentnahme wegen des Verdachts der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr (§ 316 StGB (Strafgesetzbuch)) hier gegen 8:00 Uhr statt. Die Polizeibeamten gaben im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung an, sie würden beim Verdacht der Trunkenheit im Straßenverkehr grundsätzlich nicht versuchen, einen Richter zu erreichen, dies hätten sie schon immer so gemacht. Das OLG sah hierin einen derart groben Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung den Richtervorbehalt zu beachten, dass eine Rechtfertigung für die Verwertung dieser rechtswidrig erlangten Blutprobe nicht mehr möglich war.
– Auch das OLG Hamm ging in seinem Beschluss vom 12.03.2009 – Aktenzeichen: 3 Ss 31/09 – davon aus, dass die polizeiliche Anordnung der Entnahme einer Blutprobe gemäß der „langjährigen Praxis“ des Polizeibeamten, also ohne Nachfrage beim zuständigen Ermittlungsrichter, rechtswidrig und mithin ein Beweisverwertungsverbot der festgestellten Blutalkoholkonzentration (BAK) gegeben sei.
Tipp vom Strafverteidiger: Wie immer im polizeilichen Ermittlungsverfahren gilt die Devise „Weniger ist mehr“. Machen Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch, und keinerlei (!) Angaben zur Sache. Stattdessen empfiehlt es sich, einen im Strafrecht tätigen Rechtsanwalt mit ihrer Strafverteidigung zu beauftragen. Über diese können sie nach erhaltener Akteneinsicht ggf. schriftlich zur Sache Stellung nehmen. Ein Nachteil hieraus wird Ihnen regelmäßig nicht entstehen.
Außerdem ist es bei Verdacht der Trunkenheit im Straßenverkehr (auch nach vorheriger Einnahme von Betäubungsmitteln) ratsam, bei der Blutentnahme in das Protokoll aufnehmen zu lassen, dass Sie mit der Entnahme der Blutprobe nicht einverstanden sind. Der Durchführung eines Atemalkoholtests (zur Feststellung der Atemalkoholkonzentration), eines Schweißtests oder Urintests (beim Verdacht von Drogen im Straßenverkehr) sollte ebenfalls nicht zugestimmt werden.