Im vorliegenden Artikel berichtet der im Strafrecht und Verkehrsrecht tätige Rechtsanwalt Kämpf aus München über einen Beschluss des OLG Nürnberg vom 07.12.2009 (Aktenzeichen: 1 St OLG Ss 232/2009). Es handelt sich um die erste hier bekannte Entscheidung eines bayerischen OLG, die eine Verwertung der von einem Polizeibeamten angeordneten Blutprobe ablehnt und ein Beweisverwertungsverbot der aus der Blutprobe gewonnenen Erkenntnisse (Blutalkoholkonzentration) annimmt.

Exkurs: Gemäß § 81 a StPO (Strafprozessordnung) ist die Blutentnahme regelmäßig von einem Richter anzuordnen. Lediglich nachrangig und unter der Voraussetzung des Vorliegens von Gefahr im Verzug darf die Anordnung der Blutentnahme seitens der Staatsanwaltschaft und deren Ermittlungspersonen (Polizisten) erfolgen.

Ein Verstoß gegen den Richtervorbehalt soll lediglich dann zu einem Beweisverwertungsverbot führen, wenn der Richtervorbehalt entweder gezielt und bewusst umgangen , Gefahr im Verzug willkürlich angenommen wurde oder ein ähnlicher, besonders schwerwiegender Fehler gegeben ist (vgl. OLG Bamberg, 20. November 2009, 2 Ss OWi 1283/09; OLG Dresden, 11. Mai 2009, 1 Ss 90/9).

Im zugrundeliegenden Sachverhalt ordnete die Polizeibeamtin die Blutentnahme an einem Samstag gegen 9:40 Uhr selbst an. In der mündlichen Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Nürnberg erklärte diese hierzu , sie sei nicht von Gefahr im Verzug ausgegangen , habe aber die Blutentnahme gemäß der damaligen Übung ihrer Dienststelle selbst angeordnet. Die Entnahme der Blutprobe erfolgte 100 Minuten nach dem Eintreffen der Polizei am Tatort und 75 Minuten nach Feststellung der Atemalkoholkonzentration per Atemalkoholtest. Die Atemalkoholkonzentration betrug 1,12 Milligramm pro Liter, dies entspricht einer ungefähren Blutalkoholkonzentration von zwei Promille.

Das OLG Nürnberg geht vorliegend von einem Beweisverwertungsverbot der Ergebnisse der Blutentnahme aus, da die Polizeibeamtin vorliegend auf die Einholung einer richterlichen Anordnung zur Blutentnahme in Kenntnis des Richtervorbehalts aufgrund der damaligen Übung Ihrer Dienststelle verzichtete und die Blutentnahme selbst anordnete.
Die Einholung einer richterlichen Anordnung der Blutentnahme sei möglich gewesen. Der ermittlungsrichterliche Bereitschaftsdienst wäre samstags ab 10:00 Uhr persönlich anzutreffen gewesen. Angesichts der hohen Atemalkoholkonzentration wäre ein Zuwarten bis zu diesem Zeitpunkt ohne eine Gefährdung des Untersuchungserfolges möglich gewesen.
Daneben hätte bereits zuvor die Möglichkeit bestanden, den Bereitschaftsrichter per Mobiltelefon (!) zu kontaktieren , um eine mündliche Anordnung der Blutentnahme zu erlangen. Denn es handelte sich um einen „ überschaubaren und einfachen Sachverhalt , die Fahrereigenschaft des Beschuldigten stand außer Frage und es gab insbesondere nach dem Ergebnis des Atemalkoholtests konkrete Anhaltspunkte für eine alkoholische Beeinflussung, die den Verdacht einer Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB begründeten.“

Das OLG Nürnberg hat die betroffene Entscheidung des Amtsgerichts Nürnberg, die den Fahrer zu einer Geldstrafe und Entziehung der Fahrerlaubnis verurteilte , aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen. Nach Ansicht des OLGs kommt trotz des Verwertungsverbots bezüglich der festgestellten Blutalkoholkonzentration eine Verurteilung aufgrund der festgestellten Atemalkoholkonzentration in Betracht.

Strafverteidiger-Tipp: Weniger ist mehr! Als Verdächtiger einer Trunkenheit im Verkehr -unabhängig davon, ob Alkohol oder Betäubungsmittel im Spiel sind – sollten Sie immer daran denken, dass Ihnen ein umfassendes Schweigerecht zusteht. Daneben sind Sie nicht dazu verpflichtet, an Ihrer Verurteilung mitzuwirken und bei einem Atemalkoholtest mitzumachen. Der Blutentnahme sollten Sie widersprechen, sich aber keinesfalls hiergegen körperlich wehren. Ihren Widerspruch sollten Sie schriftlich auf dem entsprechenden Protokoll dokumentieren.

Quellennachweis Lichtbild: S. Hofschlaeger – www.pixelio.de